Zum Fünfziger wollte Provinzmadame etwas ganz besonderes machen und erzählte Freunden von ihrer Vision. Sie faltete die Europakarte vor ihnen am Tisch aus und zog mit ihrem schwarzen Stift, einen Linie quer vom Zuhause bis Santiago de Compostela. Teilte entschlossen und euphorisch mit: „Von hier aus, geh ich den Jakobsweg“. Die Stimmung wurde auf einmal chaotisch: „Das geht so nicht, da müsstest du ja übers Meer und in drei Wochen ist diese Strecke nicht zu schaffen, außerdem, über all die Berge?!“
Leitln, es war nur eine Idee, weil sie zum „Runden“ unbedingt etwas außergewöhnliches machen wollte.
Das ist Jahre her
In der Zwischenzeit hatte sie viel „effektivere Ideen“. Wenn es schon so viele tun, will sie es nicht mehr. Eventuell ein Teilstück der Tour de France radeln und „ihre Tour des Lebens“ draus machen. Das alles war nichts, gegen eine Scheidung mit Fünfzig!
Sie hat den Schritt gewagt, sich aus ihrem finanziellen sorglosen Alltag herauskatapultiert, vergleichbar mit „Krebs“. Da zählt erst mal Durchkommen und nur die Harten schaffen es.
Feuerlauf, Marathon, Santiago, das alles hat sie abgehakt, sollte dieses doch nur stellvertretend sein für den einen großen Schritt: Die Veränderung.
Wer über einen Neustart nachdenkt
Sollte seine körperlich und geistige Widerstandskraft testen, prüfen, ob man standhalten kann. Der Leidensdruck von Provinzmadame war schon so groß, dass es ihr egal war, mit wie wenig Geld sie auskommen musste. Ihre Rente ist klein und sie wird, wenn sie sich mehr als Essen und Trinken leisten will, bis an ihr Lebensende dazuverdienen müssen. In keinem Haus leben, sondern in einer kleinen Wohnung den Rest ihres Lebens verbringen. Für manche undenkbar, lieber laufen sie jährlich 42,195 Kilometer.
Stimmt, die sind auch nicht leicht zu schaffen, aber man „läuft“ auf der sicheren Seite. Keinem unbekanntem Terrain und kann weiter auf Freunde zählen, die sich sonst nach einer Scheidung subtrahieren. Diese haben oft noch mehr Angst vor dem „Abstellgleis“.
Ist es die neue „Freiheit“ wert?
Freiheit wovon, frei von Verpflichtungen? Das war nicht der Grund.
Für Provinzmadame sollte eine Beziehung aus „Gemeinsamkeiten“ bestehen, solche, die über die „Kinder“ hinaus andauern.
Jeder Mensch entwickelt sich weiter und im Idealfall, beide Partner zur gleichen Zeit und fürs gleiche Ziel.
„Balance der Partnerschaft: von anderen nicht mehr verlangen als von sich selbst“
Ernst Reinhardt

Ich hab mit fünfzig eine zweijährige Zusatzausbildung begonnen, und bin sehr glücklich, dass ich es tue, auch wenn manch einer stirnrunzelnd auf mich schaut und sagt: lohnt sich das denn? Du gehst doch eh bald in Rente. Und andere sagen mir, dass sie es bewundernswert finden, dass ich mich traue. So denkt jeder anders und mit fünfzig oder sechszig oder auch siebzig kann doch immer noch was Passieren.
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Genau so seh ich das aus. Man kann auch in späteren Jahren immer noch für etwas brennen.
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