Vor einiger Zeit passierte Provinzmadame Folgendes: Sie machte einen Kontrollgang im Garten und freute sich riesig über die vielen gelben Rosenknospen und zartrosa Blüten. Tags darauf: Waren alle Knospen, bis auf eine Höhe von einem Meter, weg, wie gekappt! Das Grundstück liegt etwas abseits, am Waldrand, also dachte sie an Wild. Ein Hase konnte es zwar nicht sein, der Biss war zu hoch. Es musste ein Reh über die Rosen hergefallen sein, sch… Rotwild, dachte sie verärgert. Im Geiste hatte sie schon einen „Wildstopper“ gekauft.

Aber, da schau her

Tags darauf wollte sie Blumen für die Vasen aus dem Garten holen. Da steht doch das kleine Etwas zwischen den Büschen und starrt sie an. Wurde steif und hat sich nicht gerührt, nicht mal, als sie die Hand in die Hosentasche steckte, um ihr Handy herauszuholen. Dabei Provinzmadame, oh Gott, es ist sicher krank, Tollwut? Dann fiel ihr ein, dass junge Rehe, also ein Kitz, noch den „Drückerinstinkt“ haben. Deshalb bleiben sie flach am Boden liegen oder laufen nicht davon. Nach dem Schnappschuss entfernte sie sich langsam und beobachtete, wie es aus dem Busch heraus tapste und Richtung „Steingarten“ stakte. Dor im Dickicht, machte es sich flach.

Was nun, wie ist das mit dem Verzeihen?

Wo bleibt die Wut, die sie auf etwas oder jemanden hatte? Lässt einen ein anderer Blickwinkel alles vergessen?
Wenn Verzeihen und Vergessen ein Gen ist, dann hat sich das bei Provinzmadame manifestiert. Sobald man sie das „Ärgernis“ mit großen Rehaugen anschaut, schmilzt sie dahin und vergisst.
Zu dumm oder zu gutmütig? Aber hat Gutmütigkeit nicht etwas mit Naivität zu tun? Sie weiß es nicht, sie ist halt eine sanftmütige Realistin, dennoch sollte man ihre Geduld, lieber nicht auf die Probe stellen.
Denn auch diese hat ein Ende und auf Dauer, rauscht´s dann im Karton.

PS: Das Kitz nannten sie „Rosa“, immerhin genoss es Nachts ihre Rosen.