Dorfleben – Herzbeben

Ein kleines Dorf, vom Ortspfarrer Felix „Sündendorf“ genannt, weil es hier so viele ledige Kinder gab. Das lag aber nicht daran, dass die Frauen „sitzen gelassen“ wurden, sondern am extra Geld vom Staat. Die Kinder wuchsen hier unbeschwert auf und trafen sich regelmäßig in der Dorfmitte um zu Spielen, oder Unfug zu treiben. Ein Dorf, wo einige die Angetraute „Oide“ nannten und sie ihn wiederum mit „Oida“ rief. Wie so üblich am Lande, wurde einem „Zuzug“ stets mit Argwohn begegnet, in dessen Genuss natürlich auch Provinzmadame kam. Über zwanzig Jahre lang wunderte sie sich über die Eigenheiten der Dorfbewohner und hörte sich ihre Geschichten an. Amüsiert darüber, konnte das so manchen „Leidensgenossen“ ein Kopfschütteln oder:
„Heilig, heilig, heilig!“ entlocken.

Ihre Wäsche hing richtig!

Provinzmadame ist mit zwanzig Lenzen von Zuhause ausgezogen, da dachte sie noch nicht daran, das dies ihr Leben nachhaltig prägen würde. Gut erzogen und Grundkenntnisse in Haushaltsführung, kamen diese hier sofort zum Einsatz. Ihr Waschtag aber, wurde von den Nachbarn im Dorf misstrauisch beäugt, besonders, weil sie keinen festen „Tag“ hatte. Damals gab es noch die Regel, wenn drei Bäuerinnen den Mittwoch als Waschtag hatten, sollte dieser auch sinngemäß, für die Vierte gelten. Da Wäsche nach Farbe und Länge sortiert auf der Leine hängen und keine Unterflak zur Schau gestellt werden .

Dieser Köter, machte alle narrisch

Die Nachbarn von Provinzmadame hatten sich damals einen kleinen weißen Spitz zugelegt. Ein Weibchen, das bei jeder Bewegung ums Haus und jedem Geräusch keifte. Das beschallte natürlich nicht nur dessen Haus und Garten, sondern prinzipiell, auch das der Nachbarn.
Die Hundebesitzer, selber von der „Kläfferei“ genervt, ließen das Hundsviech natürlich ständig raus, damit sie drinnen ihre Ruhe hatten. Da lief der Köter nicht nur beim Briefträger zur Höchstform auf, nein, besonders dann, wenn der Mann von Provinzmadame, um Fünf Uhr zur Frühschicht musste, erst recht aber, wenn er von der Spätschicht kam. Zu dieser Zeit war das jüngste Kind noch ein Wirbelwind, kurz vorher vielleicht eingeschlafen und durch das Gebell, aber wieder hellwach. Aufrecht sitzend im Bett rief sie lauthals den Namen der Hündin: „Linda, Linda!“

Die Sache mit der Rache

Jahre, weckte der kläffende Köter das Kind aus dem Schlaf, Mittags wie Nachts. Doch auch beim Nachbar, der Pensionär, der sich zur Siesta in den Garten legen wollte, kam es zu vermehrten Wutausbrüchen und gegenseitigen Beschimpfungen der Hundebesitzer. (Schiache Wörter)
Provinzmadame erinnert sich noch, als sie gerade mal beim Wäsche aufhängen war, als aus dem Zimmer der älteren Tochter, ähnliches Gebell zu hören war. Diese Laute machten den Köter erst richtig rebellisch. Darauf ging sie mal ins Zimmer der älteren Tochter im Teenageralter und erwischte sie dabei, wie sie rovokant, ja geradezu euphorisch, ihren „Lieblingstitel“: „Girl You Know it´s True“ abspielte.
Wohlwissend, das sich der Intro anhörte wie: „WAUWAU!!“
Damit „tratzte“ sie die Hündin, sowieso Teenagers Lieblingsbeschäftigung. Zumindest nahm sie Rücksicht auf ihre kleinere Schwester und fing erst damit an, als sie wach war.
Nur, leider genau da, wollte der Nachbar halt seine Siesta abhalten.
Die Nerven von Provinzmadame demnach ständig zum Zerbersten angespannt, denn auch das Tobsucht-Geschrei ihres Kleinkindes, salbten diese nicht.

„Nachbarn sind Raum- und Zeitgenossen, die uns immer wieder das Gefühl geben, eng mit ihnen „verfreundet“ zu sein“ – Ernst Ferstl

Mädchen im Abendrot
„Heissa Kathreinerle“

Fotos: Von Pixabay

2 Gedanken zu “Dorfleben – Herzbeben

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